
Gabriela Oberkofler + Daniel Sigloch, Ausstellungsansicht
Gabriela Oberkofler – Man Verkraftete Ihren Anblick Nicht
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Daniel Sigloch – Controlled Demolition
19.11.2016-14.01.2017
Die Ausstellung ist Teil des Ausstellungsprojektes »Die Kunst zu Handeln« – Eine Zusammenarbeit zwischen dem Künstlerbund Baden-Württemberg und Galerien in Baden-Württemberg von September – Dezember 2016. Im Rahmen des Projektes ist auch ein gemeinsamer Katalog (Modo) entstanden. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Künstlerbunds.
»Man verkraftete den Anblick der Berge nicht. Heute benutzt man sie als Turngerät.« (Nina Bußmann)
Die Pflanzen- und Tierwelt bestimmen die Sujets in den detailreichen Zeichnungen der in Bozen, Italien geborenen Künstlerin Gabriela Oberkofler (*1975). Ob in ihren großformatigen Panoramen oder in kleinformatigen Studien – Oberkofler widmet ihre Arbeit dem ambivalenten Beziehungsgeflecht zwischen Mensch, Tier und Natur im Zeitalter des Anthropozän. Es sind Existenzen am Rande der Wahrnehmung, welchen wir durch die Augen der Künstlerin gewahr werden. Die Latschenkiefer, eine strauchförmige Baumart zum Beispiel, die sie in den Sarntaler Alpen entdeckte, interessiert die Künstlerin und motivierte Sie zu ihrem Panorama. In der Galerie wird es im Oberlichtraum auf einem Farbfeld im für ihre Installationen typischen Grünton präsentiert. Latschenkiefern wachsen an ungewöhnlichen Standorten an der Baumgrenze, also zwischen 1.800 und 2.500 Metern über dem Meeresspiegel. Aus ihrem Holz wird das begehrte Latschenkieferöl gewonnen, das in Medizin und Kosmetik Verwendung findet. »Alle seine Teile sind wertvoll«, verrät die Künstlerin im Interview. So ist es nur konsequent wenn sie in ihrer Arbeit – an der Grenze zwischen künstlerischer Zeichnung und naturwissenschaftlicher Studie – den Baum in seine Bestandteile zerlegt, wobei selbst die Eindrücke zu verschiedenen Jahreszeiten Berücksichtigung finden. Genaue Beobachtung verlangen den Betrachtenden auch ihre kleinteiligen Zeichnungen ab und schaffen so womöglich eine Sensibilität für genau jene Tier- und Pflanzenwelt, die wir zuweilen für Nutzungszwecke domestizieren, gar bedrohen und deren Anblick man nicht ohne weiteres verkraftet.

Gabriela Oberkofler, Latschenkiefer, 2016, Aquarell auf Papier, 114 x 280 cm.
Der Stuttgarter Daniel Sigloch (*1970, Stuttgart) zeigt uns in seinen neuen Arbeiten Wolkenberge, die sich vor unseren Augen auftürmen. Der Künstler, der seine Bilder mittlerweile fast ausschließlich am Computer entwickelt, hat für Controlled Demolition 1 und 2 mit den Videoaufnahmen von Sprengungen industrieller Bauten gearbeitet – Dokumente kontrollierter Zerstörung also. Durch sein spezielles Verfahren, das man als digitale Collage bezeichnen könnte, entstehen sfumatoartige Landschaften, welche die Reduktion auf ein einziges Bild nicht mehr zulassen. Der Künstler und Theoretiker Victor Burgin hat für das Phänomen, dass man nach einem Kinofilm kein eindeutiges Bild, sondern vielmehr ein Kondensat einer Vielzahl von Bildern erinnert, den Begriff des »sequence-image« geprägt. Sigloch bietet uns in seinen Arbeiten ebensolche »sequence-images« an. Durch die Überlagerung unzähliger Bilder, entstehen Werke, die auf den ersten Blick wie romantische Landschaften wirken mögen. Erst beim Herantreten drängen sich verpixelte Stellen im Bild auf. Sie geben einen Hinweis auf die kontrollierte Zerstörung des Bildmaterials, die der Künstler wiederum am Bildschirm vorgenommen hat und die doch zu stimmigen Resultaten führt. Trotz hoch technisierter Arbeitsweise ermöglichen diese Landschaften kunsthistorische Anbindungen an malerische Positionen wie Turner oder Caspar David Friedrich. Kein Wunder also, dass Daniel Siglochs Arbeiten im musealen Kontext der Malerei zugeordnet werden. Wenn die Computer-Maus zum Pinsel wird, lassen sich auch Fragen über die Malerei im erweiterten Feld formulieren.

Daniel Sigloch, Wimsen VI, 2016 C-Print auf Forex, kaschiert 215 x 120 cm.
Weitere Informationen finden Sie auf www.galerie-sturm.de.